Stuttgarter Zeitung vom 02. Juni 2015
Die Wohngruppe Spatzen in Bissingen verschönert ihren Hof. Möglich macht das eine Spende der StZ-Spendenaktion „Hilfe für den Nachbarn“.
Die Landschaftsarchitektin Regina Traub hilft den Jugendlichen, die Wand mit Wäscheleinen zu verzieren.
Manuel schmerzen die Hände. Eine Stunde lang hat er jetzt Wäscheleinen durch Ösen gepfriemelt, festgezurrt, wieder gepfriemelt, wieder festgezogen. „Haben wir auch eine schwarze Leine da?“, fragt der 14-Jährige die Betreuerin. Die war mit den Mädchen der Wohngruppe Spatzen einkaufen, dementsprechend sind die Farben der Nylonbänder quietschbunt von pink bis neongelb. Die Kunstaktion soll Farbe in eine bisher nicht so schöne Ecke der Bissinger Wohngruppe bringen.
Wie ein Spinnennetz haben die Betreuerinnen und die Jugendlichen die Nylonfäden an einer weißen Wand mit Stahlrahmen verwoben. Vor einer Woche war hier noch die Steinwand dahinter zu sehen, ein altes, feuchtes Gemäuer, das im überdachten Bereich des Hofs das Licht schluckte.
Die Spende von „Hilfe für den Nachbarn“, der Leser-Spenden-Aktion der Stuttgarter Zeitung, sei „die Chance, den Hof freundlicher zu gestalten“, sagt Regina Traub. Die Landschaftsarchitektin zeichnet ein Bild davon, wie es noch vor Kurzem aussah: Die Mülltonnen standen sichtbar am Rand des Hofs, das Haus der Wohngruppe war gesäumt mit verwilderten Beeten, Traub nennt sie „Katzenklos“.
Jetzt sind die Beete weg, die Mülltonnen hinter einer weiteren Sichtschutzwand aus Wäscheleinen versteckt und eine junge Säulenhainbuche ziert den Hof. Die größte Attraktion kommt aber noch: Im Boden sind drei Stahlpfosten eingelassen. Zwischen ihnen sollen Slacklines gespannt werden, auf denen die Jugendlichen, vier Jungs und drei Mädchen, dann ihre Balancierkünste erproben dürfen. „Die Slacklines waren ein großer Wunsch der Jugendlichen und auch der Betreuerinnen. Die Wohngruppe Spatzen hat nämlich einen erlebnispädagogischen Schwerpunkt“, sagt Andreas Walker, der kaufmännische Vorstand des Trägervereins.
Die Evangelische Jugendhilfe Hochdorf unterhält unter anderem zwei Wohngruppen im Landkreis, in denen Kinder und Jugendliche unterkommen, deren Eltern aufgrund verschiedener Probleme, beispielsweise Krankheit, Sucht oder Geldnot, nicht mehr für ihre Kinder sorgen können. Insgesamt hat der Verein 80 Mitarbeiter und betreut, auch ambulant, etwa 200 Kinder und Jugendliche. Aktionen wie die Verschönerung des Hofs kann sich der Verein nur durch Spenden leisten. Deswegen hatte Walker sich umso mehr gefreut, als er Ende 2014 die Nachricht erhielt, dass sein Spendenantrag beim Verein„Hilfe für den Nachbarn“ Erfolg hatte.
Die Kunstaktion ist der letzte Schritt zur Verschönerung des Hofs. Die Evangelische Jugendhilfe Hochdorf, die in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feiert, plant auch in ihren anderen 15 Einrichtungen im Landkreis ähnliche Kunstaktionen. „Zukunft geben – kunstvoll leben“ ist das Motto im Jubiläumsjahr. Von Philipp Obergassner
Foto: factum/Bach