Ludwigsburger Kreiszeitung vom 24.06.2010
Tanzen schweißt im Wortsinn zusammen. Das haben die zwölf Jugendlichen gemerkt, die an diesem Samstag ihren ersten richtig großen Auftritt vor sich haben.
Beim Projekt „Turnaround“ geht es um viel mehr als nur Tanz: nämlich um soziale Bildung und kulturelle Teilhabe.
Bild: Michael Fuchs
Die Generalprobe hat geklappt, dennoch sind die Jugendlichen von der Aldinger Wilhelm-Keil-Schule und der Realschule Remseck etwas nervös vor ihrer Tanzeinlage beim Fest in der Keil-Schule an diesem Samstag.
Elf Mädchen und ein Junge, die dann gemeinsam auf der Bühne stehen, üben bereits seit einem Dreivierteljahr zusammen. Gemeinsam mit Choreograph Alexander Burkhardt von der Tanzwerkstatt und den beiden Betreuern Sabrina Röhm und Marco Seiffer von der evangelischen Jugendhilfe Hochdorf – die das Projekt organisiert – wurden die Schritte geübt, die Musik und das Outfit ausgesucht. Finanziert hat das Ganze die Baden-Württemberg-Stiftung mit ihrem Programm „Komet 2“.
Bei diesem Kompetenz- und Erfolgstraining sollen die Jugendlichen in und außerhalb der Schule gefördert werden. „Der gruppenpädagogische Aspekt ist hierbei etwas ganz Wichtiges“, sagt Waltraud Schillinger von der Jugendhilfe. Es geht unter anderem darum, dass die Schüler während des Tanzprojekts Vorurteile abbauen, miteinander ins Gespräch kommen – „auch schulartübergreifend“, wie der Aldinger Rektor Harald Sommer sagt.
Das hat geklappt, wie am Beispiel der 15 Jahre alten Lindamire von der Wilhelm-Keil-Schule zu sehen ist. Als Schulsozialarbeiterin Anja Elßer gefragt hatte, ob sie bei „Turnaround“ dabei sein wolle, hat Lindamire gleich ja gesagt – und sich in der Gruppe wohlgefühlt: „Wir haben uns alle gut verstanden.“ Einige Mittänzer habe sie vom Sehen gekannt, und „ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so gut verstehen“. Große Freundschaften seien zwar keine entstanden, wie Marco Seiffer sagt. Aber der Umgang untereinander sei sehr freundlich, sehr friedvoll gewesen – auch, als es zwischendurch mal Motivationshänger gegeben habe.
Dass sich die Schüler im vergangenen Dreivierteljahr verändert haben, kann auch Markus Vöge bestätigen. Er ist Klassenlehrer an der Realschule und hat bei einer der Tänzerinnen beobachtet, dass sie im Laufe der Zeit viel mehr Selbstbewusstsein entwickelt hat, „sie war früher sehr zurückhaltend“. Auch Lindamire hat sich zu Beginn des Kurses Ziele gesteckt – und die hat sie erreicht: Sie lasse anderen beim Reden jetzt auch mal den Vortritt, sagt sie und lacht. „Ich rede immer ziemlich viel und stehe gerne im Mittelpunkt“, erklärt die 15-Jährige. Nun spornt sie die Kameraden an, auch mal etwas zu sagen. „Es ist gut, wenn jemand ein Gespür dafür entwickelt, auf sich selbst zu achten, sich selbst zu reflektieren“, sagt Seiffer.
Lindamire hat das Tanzprojekt richtig viel Spaß gemacht, „ich würde es auch weiterempfehlen“. Aber Ende Juni ist definitiv Schluss, das Projekt war nur für einen bestimmten Zeitraum ausgelegt. Doch ein, zwei Auftritte könnte es dennoch geben, bei der Realschule Remseck zumindest schaut man schon nach einem geeigneten Termin.
Von Dorothee Kauer