Ludwigsburger Kreiszeitung vom 23. November 2010
Eine Ära geht zu Ende: Mehr als 30 Jahre hat die evangelische Jugendhilfe Hochdorf selbst gekochtes Essen ausgeliefert – an Senioren und seit einigen Jahren auch an Kindergärten. Zum Jahresende ist damit Schluss. Der Grund: Die Auflagen, die von der EU für Großküchen erlassen worden sind, kann die Jugendhilfe nicht erfüllen.
Noch gibt es selbst gemachtes Essen: Die Mitarbeiterin der Jugendhilfe füllt die Portionen ab. Bild: Holm Wolschendorf
Etwa 120 Essen werden täglich in der Küche im Schulweg zubereitet, Zivildienstleistende liefern sie an Senioren und vier Kindergärten, drei davon in Poppenweiler, aus. Auch Vereine nutzten vor allem in der Vorweihnachtszeit das Catering. Vier Mitarbeiterinnen kümmern sich darum, dass alles klappt. „Wir haben tolle Helfer“, sagt Andreas Walker. Um so schwerer fällt dem Kaufmännischen Vorstand der Jugendhilfe im Kreis der Schritt zum endgültigen Aus des Caterings und des „Essen auf Rädern“.
Aber es geht einfach nicht mehr. Seit einigen Jahren schon ist die Einrichtung darum bemüht gewesen, die Wirtschaftlichkeit in diesem Gebiet zu verbessern. Denn einst waren in der Hochdorfer Einrichtung 50 bis 60 Kinder untergebracht, „wir hatten viele eigene Esser“, sagt Walker. Als dann die Anfrage der Diakoniestation Remseck kam, ob die Jugendhilfe nicht auch einige Senioren beliefern könne, „war das nicht so problematisch“. Doch seit einigen Jahren gibt es nur noch zwei Jugendhilfe-Wohngruppen. Zudem fielen die städtischen Zuschüsse für jedes Essen weg. Die Folge: „Die Kosten sind hoch“, sagt Walker.
Vor knapp fünf Jahren wurde das Catering eingeführt, in der Vergangenheit wurden die Essenspreise mehrmals erhöht – derzeit kostet eine Mahlzeit 5,30 Euro. Geliefert wird sie samt Nachtisch und Salat, auf Wunsch auch Diabetikerkost. „Das Essen schmeckt wirklich gut“, sagt der Vorstand. Mit dem Catering und dem gewachsenen Kundenstamm sei zwar der Umsatz gesteigert worden, allerdings fielen auch mehr Kosten an – bei Veranstaltungen wird beispielsweise auch am Wochenende ausgeliefert. Es war ein ständiger Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und sozialer Verantwortung.
Und nun noch die Vorgabe der EU. Sie bedeutet, dass eine Großküche – zu der die Einrichtung der Jugendhilfe zählt –, die täglich mehr als 30 Prozent ihrer Mahlzeiten außer Haus liefert, bestimmte Auflagen erfüllen muss. Es geht hierbei unter anderem um die bauliche und technische Struktur der Küche. „Das können wir nicht erfüllen“, sagt Walker. Ohnehin ist die Lage der Küche alles andere als optimal: Wenn die Essen geladen oder die Zutaten angeliefert werden, blockieren die Wagen die eh schon recht schmale Straße. Die Küche liegt zudem im Keller, die enge, schmale Treppe erschwert die Lieferung, Geräte sind zwar funktionstüchtig, aber veraltet. Es müsste um- beziehungsweise angebaut werden. „Das könne wir uns nicht leisten.“
Eine Firma, die im Auftrag des Aufsichtsrats ein Gutachten erstellt hat, kam ebenfalls zu dem Entschluss, die Küche zu schließen. Allein an Investitionskosten, so Andreas Walker, wären grob geschätzt 500 000 Euro nötig. „Wir können das Catering nicht mehr weiterführen.“ Es dürfe nicht vergessen werden, dass der Hauptzweck der Jugendhilfe nicht das Kochen sei, sondern die Arbeit mit Jugendlichen.
Dennoch fiel die Entscheidung alles andere als leicht, es seien auch einige Tränen geflossen. Die Mitarbeiterinnen bleiben in Hochdorf, die Küche läuft weiter – allerdings nur noch für den internen Bedarf. Eine Mitarbeiterin habe jedoch gekündigt, weil sie keine Perspektive mehr gesehen habe. Eine Auszubildende im zweiten Lehrjahr konnte weitervermittelt werden.
Die Senioren und Kindergärten wurden ebenfalls bereits über das Aus zum Jahresende informiert. Für einige dürfte dies ein harter Schlag gewesen sein. Ein älterer Mann beispielsweise bezieht von Anfang an, seit 30 Jahren, das Essen von der Jugendhilfe.
von Dorothee Kauer